Die GSM-Signalisierungskanäle beim Verbindungsaufbau

Hier lesen jetzt wohl eh nur noch die hartgesottenen Technikfetischisten mit, gehen wir also ruhig etwas in medias res...


Angenommen, Sie wären ein Handy: Ihr Herrchen hat Sie gerade per Knopfdruck eingeschaltet und ist natürlich gleich ganz fisselig, sofort telefonieren zu wollen.
Nun müssen Sie sich als Handy aber erst einmal schlau machen, ob "Ihr" Netz denn überhaupt am aktuellen Standort verfügbar ist, welche Basisstationen auf welchen Frequenzen erreichbar sind und welche davon ausgewählt werden sollte. Deshalb starten Sie zunächst einmal einen "großen Lauschangriff" auf das ganze (Downlink-)Frequenzspektrum, in der Hoffnung, etwas interessantes zu erhaschen -halt ganz so, wie im richtigen (BND-)Leben....

Da Sie selber in dem Augenblick nur passiver Zuhörer sind und die umliegenden Stationen noch nichts von Ihnen wissen, kommen für den Zweck nur die Broadcast Control Channels, also die "Rundfunkkanäle" in Frage. Hier liegt auch der Grund, warum die BCCH-Träger der Basisstationen immer Dummy-Bursts auf allen momentan nicht andersweitig verwendeten Zeitschlitzen aussenden: Nur so kann das Handy überhaupt einen Erstkontakt herstellen! Durch den über den Frequency Correction Channel FCCH ausgestrahlten Frequenzkorrektur-Burst können Sie sich nun exakt auf die (vorher nicht bekannte!) Frequenz der BTS synchronisieren: Dieser Burst besteht dazu aus einem fixen Bitmuster, der frequenzseitig einem unmodulierten Sinussignal entspricht. Durch Korrelation auf dieses bekannte Signal läßt sich genau auf die Frequenz der BTS einrasten.

Anschließend lauschen Sie nun auf dem zugehörigen Synchronisationskanal SCH mit: Der hier übertragene Synchronisationsburst enthält einige verbindungsspezifische Informationen, u.a. über die exakte Zeitlage des TDMA-Rahmens, aber auch Identifizierungscodes des aktuellen Netzes (D1, D2, E, F, G,...-Netz?), Angaben über die aktuelle Location Area, Zelldetails wie Leistungsregelung, Frequency Hopping, Informationen zur Benutzung des Random Access Channels, den Identitätscode der Basisstation, etc.

Haben Sie nun festgestellt, daß Sie im "richtigen" Netz sind, müssen Sie als Handy selber aktiv werden; die Broadcast Channels helfen jetzt nicht mehr weiter, denn sie arbeiten ja nur im Simplexbetrieb, d.h.: Als Signaleinbahnstraße nur in Richtung BTS -> Handy.
Deshalb kommen jetzt die Common Control Channels (CCCH) zum Zuge: Über den Random Access Channel RACH signalisieren Sie per Access-Burst, daß Sie von der Basisstation etwas wollen.
(Falls umgekehrt ein Anruf zum Handy aufgebaut werden soll, dann ruft die Basisstation das Handy über den Paging Channel PCH, dieses antwortet über den RACH -alles weitere läuft dann analog ab).
Das alles hat nur den Zweck, einen echten bidirektionalen Signalisierungskanal SDCCH einzurichten, über den die weiteren Parameter abgestimmt werden können. Die Basisstation bestätigt Ihnen dazu über den Access Grant Channel AGCH die Zuteilung eines solchen Signalisierungskanals; sämtliche weiteren Steuerungsinformationen werden dann über diesen in normalen Bursts verpackt ausgetauscht.
Über den SDCCH läuft nun bspw. die Authentisierung und die Zuweisung eines Verkehrskanals TCH für das Gespräch ab.

Zusätzlich existieren noch die beiden anderen sog. "Dedicated Channels", die immer mit einem SDCCH (oder TCH) gekoppelt sind:
Der Slow Associated Control Channel SACCH, der während des Rufaufbaus und während des Gesprächs selbst dazu dient, Informationen über einen evtl. Wechsel zu einer Nachbarzelle (="Handover") zu transportieren. Außerdem managt er die Sendeleistungsanpassung (="Power Control") des Handys während des Gesprächs und ähnlichen Schnickschnack.
Der FACCH schließlich ist die schnelle Ausgabe des SACCH und wird immer dann verwendet, wenn's zeitlich mit der Signalisierung pressiert, also insbesondere beim Handover des Gesprächs zu einer benachbarten Basisstation. Dazu wird dem System einfach ein Teil der eigentlich für die Sprachübertragung reservierten Bandbreite "geklaut" (sog. Stealing Mode): Anstelle von Sprache werden im TCH die Signalisierungsinformationen übertragen (um Verwechslungen auszuschließen, existieren in den Normalbursts sog. "Stealing Flags", die anzeigen, daß es sich nicht um Sprache, sondern Kontrollinformationen handelt).



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Kai Rohrbacher kairo@maya.inka.de
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