Alle Systeme, die Daten per Funk übertragen wollen, stehen vor dem selben Grundproblem: Das physikalische Übertragungsmedium existiert nur einmal; wollen mehrere Benutzer gleichzeitig kommunizieren, muß man deshalb geeignete Verfahren finden, um diesen Mehrfachzugriff zu organisieren.
Im Laufe der Geschichte wurden dazu drei Methoden entwickelt:
In der Praxis findet man oftmals auch Mischformen dieser Systeme. So verwendet GSM beispielsweise ein kombiniertes FDMA/TDMA-Verfahren. Die nächste Mobilfunkgeneration UMTS wird zusätzlich auch noch CDMA einsetzen.
Das FDMA-Verfahren ist sehr einfach zu verstehen: Interpretiert man das
gesamte zur Verfügung stehende Frequenzband als die Ressource, welche es
unter mehreren Benutzern aufzuteilen gilt, dann ist die simpleste Methode
sicherlich die, jedem Benutzer einen bestimmten Anteil dieses
Frequenzbandes zuzuordnen.
Wenn sich jede Datenübertragung auf den ihr zugeteilten Frequenzkanal
beschränkt, so kollidieren die Übertragungen nicht gegenseitig.
Dieses Verfahren ist einfach, es hat aber auch einige Nachteile:
Die zweite Methode, die einem sofort in den Sinn kommen sollte, besteht darin, daß
man die Informationen nicht von den Frequenzen her staffelt, sondern in der
zeitlichen Dimension unterteilt: Dazu gibt man sich ein Zeitraster vor und
erlaubt jedem Teilnehmer nur in einem ihm zugeordneten Zeitfenster Daten zu
übertragen.
(Dieser Ansatz ist auch das Grundprinzip jedes Bussystems digitaler Computer:
Gib eine Taktfrequenz vor, erlaube Datenübertragungen nur in den
sich daraus ergebenden Zeitschlitzen und organisiere das Gesamtsystem so,
daß keine zwei Komponenten denselben Zeitschlitz verwenden wollen.)
Letztere Randbedingung ist auch einer der Nachteile dieses Zeitmultiplex-Verfahrens:
Beide vorgenannten Systeme haben das Problem, Bandbreite für Übertragungen
zu reservieren, unabhängig davon, ob diese aktuell verwendet wird oder
nicht.
Außerdem sind TDMA- und FDMA-Verfahren lokal stark fehleranfällig:
Wenn eine Störung auf einer bestimmten Frequenz (FDMA) oder zu einem
bestimmten Zeitpunkt (TDMA) auftritt, wird die Übertragung massiv
beeinträchtigt.
GSM versucht durch Kombination von TDMA und FDMA diese Effekte zu kompensieren:
Die Datenpakete (TDMA) werden sehr klein gehalten, mit reichlich Zusatzinformationen
versehen und die Datenbits eines logischen Pakets darüberhinaus über
mehrere physikalische Datenpakete gestreut, so daß der Wegfall eines
einzelnen Pakets meistens ausgeglichen werden kann. Außerdem werden die
einzelnen Datenpakete mittels Frequenzsprungverfahren auf verschiedene
Frequenzen (FDMA) verteilt, um auch den Einfluß von Störungen
einzelner Frequenzen zu verringern.
Ein komplexer Algorithmus sorgt dann für die Verschachtelung der
Informationen über die Frequenzen, Zeitschlitze und Datenpakete hinweg
und verwaltet die Ressourcen auf der Luftschnittstelle, um Kollisionen durch
Mehrfachbelegungen zu vermeiden.
Im Resultat erhielt man somit zwar ein recht verläßliches, dafür
aber auch vergleichsweise aufwendiges System.
Die Frage stellte sich deshalb, ob man nicht vielleicht durch ein anderes Vielfachzugriffsverfahren ebenfalls die beschriebene Robustheit gegen Störungen realisieren könnte, das die entsprechenden Eigenschaften aber schon selbst mitbringt.
Schaut man sich nun nochmals am Beispiel von drei Datenkanälen genauer an,
welche physikalischen Parameter man denn nun eigentlich bei den beiden gerade
beschriebenen Verfahren variiert hat...
(Die Kanäle unterscheiden sich in ihren Frequenzen, können aber
zur gleichen Zeit und mit gleicher Leistung senden)
(Die Kanäle benutzen dieselbe Frequenz (und Leistung), sind dafür aber in der
Zeit disjunkt)
...so drängt sich eine dritte Variante auf ganz natürlich-naive Weise auf:
Analysiert man die beiden anderen Verfahren FDMA und TDMA nochmals daraufhin, warum es bei ihnen möglich ist, empfangsseitig die Daten selektiv eines gewünschten Kanals herauszufiltern, so wird man schnell fündig: Es existiert jeweils gemeinsames Wissen über den interessierenden Kanal (bei FDMA: Die dem Kanal zugeordnete Frequenz; bei TDMA: Die dem Kanal zugeordneten Zeitschlitze), mit denen das Signal von allen anderen unterschieden werden kann -die Kanäe sind durch diese Parameter "orthogonal" zueinander.
Geht man (sinnvollerweise) davon aus, daß sich die Sendestärken der einzelnen Kanäe nicht wesentlich voneinander unterscheiden, so bleibt nur die Art der Bitkodierung: Wenn die Bits schon im selben Spektrum zur selben Zeit und mit vergleichbarer Leistung abgestrahlt werden, dann muß eine logische "1" des einen Kanals eben anders aussehen als eine logische "1" eines anderen Kanals, um sie voneinander unterscheiden zu können!
Bits werden durch zeitabhängige Signalpegel, also mathematisch genauer: Übertragungsfunktionen gesendet; ergo müssen diese zur Bitkodierung verwendeten Übertragungsfunktionen zueinander "orthogonal" sein. -Was heißt das aber genau?
Wer sich noch finster an seine "Lineare Algebra"-Schulstunden zurückerinnern
kann, dem fällt vielleicht hierzu das Skalarprodukt von Vektoren ein:
Zwei Vektoren a, b werden miteinander multipliziert, indem man ihre Komponenten
stellenweise miteinander multipliziert und die Ergebnisse aufsummiert:
Zwei Vektoren sind dann orthogonal zueinander, wenn dieses so gebildete
Skalarprodukt a xb = 0 ist (kleiner Einwurf: Dieses Skalarprodukt
hat natürlich noch eine umfassendere Bedeutung. Ist sein Wert 1, so sind
die Vektoren bspw. zueinander parallel; allgemein gilt für den Winkel
zwischen zwei Vektoren die Gleichung )
Damit hat man aber schon das Rüstzeug für eine orthogonale Kodierung der Daten beisammen: Verwendet man nämlich einen Satz zueinander orthogonaler Vektoren, ordnet jedem Vektor einen Datenkanal zu und interpretiert die Komponenten des Vektors als Signalstärken für die Übertragung eines Bits, dann kann man damit aus dem Summensignal aller Kanäle, wie es beim Empfänger ankommt, durch Skalarproduktbildung mit dem Vektor des gewünschten Kanals die Daten zurückgewinnen.
Ein Beispiel dazu für n=3: a=(0.5,0.5,w); b=(-w,w,0); c=(-0.5,-0.5,w), dabei
stehe w abkürzend für wurzel(2)/2 = 0.707.... Wie man selber einfach nachprüfen kann,
sind die drei Vektoren orthogonal: a x b = a x c = b x c = 0:
Eine logische "1" in einem Kanal wird dann dadurch übertragen, daß der
dem Kanal zugeordnete Vektor v gesendet wird; eine logische "0" durch Übertragung
des inversen Vektors -v und wird in dem Kanal momentan gar nichts gesendet, so
entspricht dies der Übertragung des Nullvektors.
Nehmen wir nun an, im zu betrachtenden Augenblick wird im 1.Kanal "0" gesendet, im 2.Kanel "1" und im 3.Kanal gar nichts: Dies entspricht nach dem eben gesagten der Übertragung von -a, b und 0. Diese drei Signale überlagern sich, so daß ein Empfänger nur den Summenvektor s = -a+b+0 = (-0.5-w,-0.5+w,-w) sieht:
Will der Empfänger nun wissen, welche Signale in den drei Kanälen jeweils gesendet wurden, so reicht dazu eine einfache Skalarproduktbildung aus:
Eine einfache Grundregel der linearen Algebra besagt, daß man in einem
n-dimensionalem Vektorraum maximal n linear unabhängige (also "orthogonale")
Vektoren finden kann:
In einem TDMA- oder FDMA-System wird man für n verschiedene
Timeslots bzw. Frequenzen deshalb auch nie mehr als n Gespräche gleichzeitig
übertragen können: Die 100% Trennung ("Orthogonalität") der
einzelnen Kanäle ist hier ja gerade das Funktionsprinzip für eine
erfolgreiche Übertragung.
Bei CDMA genügt dagegen eine "hinlänglich" gute Näherung der
Orthogonalität: Werden mehr als n Signale gleichzeitig übertragen,
so wird das Verfahren verrauscht und in obigem Beispiel mehr oder weniger
leicht von +1, -1 und 0 verschiedene Werte liefern, die aber immer noch nahe
an diesen Werten liegen und deshalb wahrscheinliche Zuordnungen zu den
Einzelvektoren der Kanäe zulassen.
Mit steigender Anzahl der Teilnehmer gegenüber der Kanalanzahl n
nimmt die Zahl der Fehlinterpretationen dann immer weiter zu: CDMA hat hier
also im Gegensatz zu den beiden anderen Verfahren keine "harte" Grenze, sondern
sackt nur in der Qualität je Kanal immer weiter ab.
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